Stimmiger Auftritt
Die Stimmtrainerin Diana Dressler unterstützt Menschen dabei, ihre authentische Stimme zu finden. In ihrer Arbeit verbindet sie tiefgreifende Stimm- und Atemtechniken mit wissenschaftlichem Voice-Profiling und der Rhetorik der alten Meister. Das Ergebnis ist immer eine profunde Verwandlung und Stärkung der Persönlichkeit. Eine besondere Schwäche hat sie für leise Stimmen – auch weil sie über so viel Potenzial verfügen.
„Eine gut geführte Stimme ist immer effizient und leicht.“
Diana Dressler
Warum lieben Sie Ihren Beruf?
Weil es unglaublich faszinierend für mich ist zu sehen, wie Menschen wachsen, wie aus Menschen mit wenig Selbstvertrauen gestärkte Persönlichkeiten werden.
Persönlichkeitsentwicklung ist aber nicht das Erste, woran man bei einem Stimmtraining denkt …
Die Arbeit an der Stimme ist immer auch Arbeit an der Persönlichkeit. Denn die Stimme ist Ausdruck unserer gesamten physischen und psychischen Verfassung und gibt auch Hinweise auf unser Wohlbefinden und Emotionen, die uns nicht immer bewusst sind.
Warum ist es wichtig, auf die eigene Stimme zu achten und sie vielleicht auch zu schulen?
Weil die Stimme unsere innere Haltung und auch unsere Stimmung widerspiegelt, kann sie unbewusste Blockaden oder Unsicherheiten offenbaren, die sich negativ auf die Zuhörer auswirken können. Wenn ich zum Beispiel im Job unsicher bin, dann kommuniziere ich meine Leistung auch mit unsicherer Stimme, was sich wiederum auf die Bewertung meiner Leistung überträgt. Wer hingegen die eigene Stimme gut kennt und gezielt einsetzt, kann beeinflussen, wie er oder sie wahrgenommen wird. Die bewusste Arbeit mit der Stimme öffnet also den Zugang zu einer ausdrucksstarken und kraftvollen Präsenz.
Welche Rolle spielt dabei die Lautstärke?
Lautstärke ist eine Frage nicht nur der akustischen, sondern auch der energetischen Präsenz. An der Lautstärke erkennen wir, wie vital ein Sprecher ist. Laut kann für bestimmte Aussagen Kraft und Entschlossenheit vermitteln. Man muss aber nicht immer laut sein, um gehört zu werden. Denn zu lautes Sprechen kann auch dominant oder gar aufdringlich wirken. Eine leise Stimme schafft hingegen Intimität und Vertrauen, kann aber auch Unsicherheit und Zurückhaltung vermitteln.
Laut ist also nicht immer gut, leise nicht immer schlecht?
Es ist entscheidend, wie gut die Lautstärke an die jeweilige Situation und an die Botschaft angepasst ist. Die richtige Lautstärke unterstützt die Botschaft und verstärkt die authentische Persönlichkeit des Sprechenden. Es heißt nicht umsonst „der Ton macht die Musik“. Das bewusste Spiel mit beiden Polen, die Abwechslung zwischen laut und leise, ist die beste Voraussetzung dafür, meine Zuhörer zu erreichen.
Wann kann es ratsam sein, ein Stimmtraining in Anspruch zu nehmen?
Wenn ich darunter leide, dass ich nie wahrgenommen, nicht gehört oder nicht ernstgenommen werde zum Beispiel. Eine typische Situation ist es, wenn man in einer Runde etwas sagt und keine Reaktion erhält. Wenn dann aber jemand anderer genau dasselbe sagt, wird es plötzlich angenommen. Das ist ein deutliches Zeichen, dass man stimmlich nicht präsent ist. Dann natürlich, wenn sich Sprechen anstrengend im Hals anfühlt. Aber auch wenn Unsicherheit oder Anspannung in der Stimme spürbar wird, wenn also die Stimme bei wichtigen Gesprächen oder einer Präsentation zittert. Oder einfach aus Neugier, um das Potenzial der eigenen Stimme zu entfalten.
Wie läuft denn ein Stimmtraining bei Ihnen ab?
Ich arbeite ganzheitlich, weil man die Stimme nicht losgelöst für sich betrachten kann. Wir beginnen daher mit körperlichen Übungen: Wie kann ich zum Beispiel mit Leichtigkeit stehen, anstatt einer angespannten „Bauch-hinein-Brust-heraus“-Haltung? Im Atemtraining gehen wir von der gepressten Hochatmung weg und hin zur Tiefatmung. Das wirkt sich entspannend auf den Menschen aus und reguliert das Nervensystem. Erst dann wird die eigene stimmliche Identität herausgearbeitet.
Was kann man sich unter der eigenen stimmlichen Identität vorstellen?
Wir arbeiten nicht mit oberflächlichen Anweisungen, an welcher Stelle man wie sprechen sollte, um toll zu klingen. Stattdessen ist die gesamte Arbeit auf eine freiere und kraftvollere Stimme ausgerichtet, die sich in allen Facetten ausdrücken möchte. Eine Stimme also, die vor allem authentisch klingt, ohne den Einsatz von Kraft und Anstrengung. Denn eine gut geführte Stimme ist immer effizient und leicht. Das heißt, ich spüre meinen Hals nicht und habe trotzdem unglaubliche Energie. Erst wenn die Stimme frei ist, fangen wir an Betonungen zu setzen und Pausen als Spannungselemente einzubauen oder den Tonumfang zu erweitern. Dann fängt es an richtig Spaß zu machen, weil ich jetzt weiß, ich klinge kraftvoll und präsent. Durch das Training traut man sich auch Leidenschaft auszudrücken, ohne Angst davor zu haben lächerlich zu klingen.
Es geht also beim Stimmtraining nicht so sehr um das technisch perfekte Sprechen?
Es gibt bei mir nicht die ästhetisch normierte Stimme, die zum Ergebnis hat, dass alle gleich klingen. Ich möchte die freie, ausdrucksstarke Stimme fördern, denn damit gehen andere Menschen in Resonanz. Der Trend geht generell hin zur Authentizität, und ich glaube, das tut uns allen gut.
Wie wirkt sich ein solches Stimmtraining auf die Menschen aus?
Eine freie Stimme gibt mir Sicherheit und fördert mein Selbstbewusstsein. Ich strahle Souveränität aus. Ich kann andere auch besser motivieren, wenn ich mir selbst erlaube, mehr Leidenschaft in die Stimme zu legen oder mehr Kompetenz und Autorität. Menschen erleben oft eine tiefgreifende Veränderung in ihrer Präsenz und Selbstwahrnehmung.
Verraten Sie uns zum Abschluss eine Übung, um stimmlich präsenter zu werden?
Gerne. Für stimmliche und physische Präsenz ist ein aufgerichtetes Brustbein wichtig. Das erreiche ich nicht durch eine verkrampfte aufrechte Körperhaltung, sondern durch eine einfache Visualisierung: Stellen Sie sich vor, dass am unteren Ende des Brustbeins ein kleiner Schweinwerfer sitzt, mit dem Sie in den Raum hineinleuchten. Oder stellen Sie sich den gesamten Brustkorb vorne als Fenster vor und machen Sie die Fensterflügel weit auf. Das hilft der Präsenz, aber auch der Stimme. Denn genau hinter dem Brustbein liegt die Luftröhre. Wenn Sie ihr mehr Raum geben, kann die Stimme besser schwingen. Ihre Umgebung nimmt eine klare und kraftvolle Stimme als Führungssignal wahr, und das schafft Respekt und Vertrauen.
Beitragsbild: ©Felix Meinhardt
Diana Dressler, Dipl-Mus. Phil.BA
ist ehemalige Opernsängerin und führt heute ihr eigenes Unternehmen für Stimm- und Sprechtraining in Wien.
Foto: ©Christian Seeling